Montag, 13. Juli 2015

Faszination Schwarze Szene

Post vom WDR


Vor einer Weile bekam ich eine E-Mail vom WDR. Das Format
"B.sucht " mit Bettina Böttinger werde bald eine Sendung über die schwarze Szene und ihre Anhänger drehen und man suche noch nach geeigneten Protagonisten, um die Subkultur so authentisch und lebensnah wie möglich darzustellen.
Robert Forst von der Grufti-Kollumne "Spontis" war so lieb den Kontakt herzustellen und schlug mich für das Format vor.
http://www.spontis.de/ 

Zu allererst stellten sich meine Nackenhaare auf, und mir kamen all die missglückten Dokumentationen in den Sinn, bei denen diverse Sender versuchten, die Szene zu portraitieren... nur um kläglich an den üblichen Klischees zu scheitern.
Reißerische Titel wie "blasse Gestalten auf dem Friedhofs-spaziergang" oder "so sexy sind die Untoten" liesst man ja bedauerlicherweise gar nicht selten, und es ist immer wieder erstaunlich, wie man in wenigen Sätzen einfach VÖLLIGES Unverständnis beweisen kann. 

Aber in der Nachricht vom WDR hieß es ausdrücklich, dass man genau dieses Niveau vermeiden wolle und dass mit Bettina Böttinger (bekannt u.a. durch ihre Sendung "Kölner Treff") auch eine Moderatorin für dieses Projekt verantwortlich sei, die genug Feingefühl und Offenheit besitzt, um völlig unvoreingenommen an das Thema heranzutreten. Ich schaute mir die bisherigen Folgen von B.sucht in der Online-Mediathek des WDR an, in denen z.B. über leidenschaftliche Kleingärtner, transsexuelle Menschen und Tierliebhaber berichtet wurde und stellte fest, dass die Sendung wirklich Qualität und Tiefgang hat:
http://www1.wdr.de/fernsehen/kultur/bsucht/indexbsucht100.html

Ich fasste den Entschluss, dass es wohl einen Versuch wert sei. Ich antwortete auf die Mail und machte mit dem Team einen Casting-termin aus, bei dem mich zunächst zwei der Reporterinnen zuhause besuchen wollten, um den ersten Kontakt herzustellen. 
Friederike Müllender und Sarah Ernst haben sich also auf den Weg gemacht und mich in meinem schwarzen Turmzimmer besucht. Sie schienen im ersten Augenblick ein wenig überfordert und überhäuften mich mit Fragen, aber die beiden waren so bezaubernd und offen, dass sich meine Bedenken auflösten. Kurze Zeit später bekam ich die Zusage, dass man mit mir drehen wolle, und ich lernte auch die zuständige Regisseurin Birgit Quastenberg kennen, die sich sichtlich über all den glitzernden Unfug in meiner Wohnung freute. Der erste Drehtermin wurde verabredet, und die Entscheidung war gefallen....


 

 

 

Das Interview




Am Tag des Geschehens kam also Frau Böttinger höchstpersönlich, samt Regisseurin, Maske, Kamera, Ton und Produktionsleiter zu Besuch. Bettina ist nicht nur ein beeindruckender, charismatischer Mensch, sie strahlt auch solch eine menschliche Nähe und Wärme aus, dass mir doch tatsächlich mein eisiges Herz aufging und ich all ihre Fragen bereitwillig beantwortete. 


Egal, wie sehr ich mir auch vorgenommen hatte, nicht zu viele Klischees zu bedienen, ich fürchte an diesem Punkt habe auch ich versagt. Ich kann, was das angeht, nicht aus meiner Haut. So versuchte ich, ihr die Ästhetik der Schwarzen Szene näherzubringen, indem ich ihr erklärte, dass Gruftis einfach die schwarze Seite des Lebens schätzen und quasi ein umgekehrtes Wertesystem haben... Dass ich mit Tageslicht, Sommer und Sonnenschein einfach nichts anfangen kann und mich die Nacht und alles Dunkle viel mehr reizen. 
Ich erzählte also von meinem Hang zu Kitsch und Glitzer, meiner Puppensammlung, den Blicken und den Beleidigungen, die man als Grufti auf sich zieht, meinem Perfektionismus, dem Tratsch innerhalb der Szene und auch der einsamen Kindheit, die Andersartigkeit nun mal mit sich bringen kann. 
 Ich zeigte auch noch mein Arbeitszimmer vor, in dem ich meine Gewänder plane, zeichne und nähe und erklärte, wie lange es dauert, bis ein Kostüm von der ersten Skizze bis zum fertigen Gewand entsteht. 


Monsterbarbie

 
Abseits der Kamera drückte mir Bettina nebenbei bemerkt ein Paket in die Hand, das unheimlich liebevoll in schwarzes Papier und einer rosa Schleife verpackt war, die von einem Vampirgebiss gehalten wurde.. Und darin war die Monster High-Puppe "Sirena Van Boo", eine untote Meerjungfrau, die ich mir schon lange wünschte - ich weiß gar nicht, womit ich so viel Liebenswürdigkeit verdient habe... O__O







Auf Tour mit einem Grufti ...

Als nächstes warf ich mich in mein Reisekleid, setze meine grauen Kontaktlinsen ein und spannte meinen gerüschten Sonnenschirm auf -

Eine Straßenbahnfahrt mit Bettina wartete. Wir zogen einige Blicke auf uns - der Vampirprinz im Rokoko-Gewand zusammen mit der Fernsehmoderatorin in der U-Bahn. 
Ein paar alte Damen versammelten sich aufgeregt um uns, weil sie Bettina Böttinger ganz unbedingt einmal die Hand geben wollten - eine besonders übermotivierte Expertin rief  "Das ist doch Christine Westermann!" durch die Bahn, was Frau BÖTTINGER natürlich sehr freute....nicht.


Steinchen


Ich zeigte Bettina meinen Lieblingsladen - das Perlengeschäft "Steinchen" in der Innenstadt von Essen:
http://www.steinchen-essen.de/

Der gesamte Laden ist einfach nur traumhaft. Wo man auch hinschaut, überall glitzert und funkelt es, und es gibt Perlen in allen Farben und Formen. Die Disney-Prinzessin in mir weint vor Freude, wann immer ich den Laden betrete. Ich erzählte, wie schwierig es manchmal ist, ein böser Goth zu sein und gleichzeitig in einer glitzernden Disneywelt zu leben.... #firstworldproblems
Die Inhaber sind unglaublich lieb und geduldig und stehen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite, einen Besuch kann ich also nur empfehlen!
"Steinchen"
Huyssenallee 9, 45128 Essen

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal sowohl bei Bettina, als auch bei der lieben Inhaberin Beatrice Stieb bedanken, die mir eine wundervolle Sammlung an Swarovski-Steinen mit auf den Weg gaben <3







Das Phantom der Oper

Zu guter Letzt fuhren wir noch zu meinem Arbeitsplatz, der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf.
Ich hatte dort ein Jahr lang ein Jahrespraktikum als Kostümassistent absolviert. 
Ich zeigte Bettina den Kostümfundus und das Stofflager und erzählte, wie ich dazu kam, Kostüme zu gestalten. 

Für Festivals, Shootings und Maskenbälle fertige ich die meisten Outfits selbst und strebe eine Laufbahn als Kostümbildner an - das Praktikum an der Oper bot mir da einen wundervollen Einblick.

Frontrow Images

Wir trafen uns vor der Oper mit Tom Row, einem Szene- und Band-Fotografen aus Iserlohn.

http://frontrowimages.com/
https://www.facebook.com/FrontrowImages

Mit ihm hatte ich mein abschließendes Fotoshooting in der Nähe der Oper, um zu demonstrieren, wie Models und Fotografen in der Gothic-Szene zusammenwirken, um eine ganz bestimmte Athmosphäre und Ästhetik zu erzeugen. 
Das Foto bekommt durch Tom's Bearbeitung einen ganz besonderen Zauber, der schon einem Gemälde oder einem Fantasy-Kunstwerk gleichkommt. 
Ich bin mit dem Endergebnis mehr als zufrieden ♥ ♥ ♥






Die Doku

Die fertige Dokumentation wird am 23.07.2015 um 22:00 Uhr im WDR Unter dem Titel "B.sucht - Faszination Schwarze Szene" ausgestrahlt! Den Link zur Online-Mediathek werde ich noch veröffentlichen.